"Erst gestern wurde ein Rollstuhl abgegeben", erzählt Toebs. Seit 16 Jahren sammelt und ordnet Toebs all das, was die Leute ihm bringen. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Neben Schlüsseln, Brillen, Rucksäcken und Geldbörsen, den typischen Verlier-Gegenständen - wie sie Toebs nennt - finden sich unter den Fundsachen auch E-Gitarren, Rollatoren, Beinprothesen oder gar ganze Koffer mit Sexspielzeug.
Toebs hat viel Kurioses, Lustiges aber auch Trauriges zu berichten. "Hier spielt sich das Leben ab", erklärt der freundliche und humorvolle Mann. Toebs erzählt die Geschichte einer Frau, die ihren kompletten Monatsverdienst verloren hat. "Sie hat am Telefon zehn Minuten lang nur geweint." Oder die Geschichte der verzweifelten Braut, die freitags anrief, ihr Brautkleid sei verschollen und am nächsten Tag sei die Hochzeit. "Das ist doch furchtbar", meint Toebs.
Detektiv und Psychologe in einer Person
Auch das Beispiel einer Frau, die ihren Schlüssel verloren hat und deswegen die komplette Schließanlage nebst Tiefgaragenschloss in ihrem Wohnhaus austauschen musste, lässt Toebs nicht kalt. Der Preis: 25.000 Euro. "Das sind schon schlimme Schicksale". Manchmal helfen hier ein paar aufmunternde Worte, weiß der gelernte Schreiner.
Einigen Menschen kann Toebs direkt helfen. Zwar können nur etwa 15 Prozent der Fundsachen wieder an ihren rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden, doch Toebs tut alles für einen Erfolg; mit Hilfe von Handyprovidern, Fotos, Kennzeichen, Internetrecherche oder anhand von Dokumenten. "Man braucht schon einen gewissen Spürsinn", erklärt der Hüter der verlorenen Schätze.
Überblick in der virtuellen Datenbank
Täglich wird etwas abgeben, 3.500 Gegenstände im Jahr. Etwa 70 bis 80 Fundsachen in der Woche. Große Einkaufszentren liefern ihm einmal im Monat Tüten voll mit Handschuhen, Mützen und Schals. Im Keller des Gebäudes des Bürgerservice und Sicherheit (BuS) in der Kaiserallee 8 lagern zurzeit etwa 600 Schlüsselbunde, 400 Fahrräder und 300 Brillen.
Doch Toebs hat den Überblick. Er ist kein Mann im grauen Kittel, der im dunklen Keller Dinge verstaut und dann in ein riesiges verstaubtes Buch einträgt. "Ich habe zwar noch mit Karteikarten angefangen, aber heute machen wir alles mit einer virtuellen Datenbank."
Die Statistik belegt, dass die Menschen heute nicht mehr verlieren als vor 50 Jahren. Nur die Gegenstände, die sie verlieren, verändern sich. "Das Handy hat den Schirm abgelöst", sagt der 50-Jährige. Viele Gegenstände - selbst Handys - werden, obwohl der Besitzer angeschrieben wurde, nicht abgeholt.
"Es fehlt der Glaube an das Gute im Menschen"
Björn Weiße, der Leiter des BuS, erklärt sich das durch die zunehmende Konsum- und Wegwerfgesellschaft: "Ein Schirm oder ein paar Handschuhe kosten heute keine zehn Euro mehr. Da bückt sich keiner mehr für." Dabei ist das Abgeben gefundener Gegenstände eine gesetzliche Bürgerpflicht.
Ab einem Wert von zehn Euro ist das Fundbüro verpflichtet, Gegenstände aufzubewahren. Weggeschmissen werden darf nichts, denn es gibt eine gesetzliche Aufbewahrungspflicht von sechs Monaten. Wenn bis dahin der Besitzer nicht ermittelt wird, geht die Fundsache in den Besitz des Finders über, wenn der denn möchte. Wertvolle Dinge, zum Beispiel Fahrräder, werden versteigert. Der Rest wird recycelt.
Nur mitnehmen, was man braucht
Verloren wird immer. Doch viele Menschen melden sich nicht. "Es fehlt der Glaube an das Gute im Menschen. Die Menschen rechnen nicht damit, dass jemand die Sache beim Fundbüro abgegeben hat", meint Weiße. Dabei genügt oft ein Anruf, um ein geliebtes Stück wieder in den Händen zu halten, ergänzt Toebs.
Ein wichtiger Tipp von Toebs: Ein auffälliger, aber wertloser Anhänger am Schlüsselbund hilft später bei der Identifikation des verlorenen Schlüssels. Taschenmesser und Lampen am Schlüsselbund werden dagegen oft entfernt, bevor sie abgegeben werden. Auch die Telefonnummer einer Freundin in der Handtasche oder im Geldbeutel, kann hilfreich sein. Auch sollte man im Geldbeutel nur das mitnehmen, was man wirklich braucht.
Auch Sie haben etwas verloren? Nutzen Sie die Fundsachen-Online-Suche der Stadt Karlsruhe.
Hinweis: Kommentare geben nicht die Meinung von ka-news wieder. Der Kommentarbereich wird 7 Tage nach Publikationsdatum geschlossen. Bitte beachten Sie die Kommentarregeln und unsere Netiquette!
Der Bericht hört sich gut an. Die Praxis ist aber of anders. Meine Erfahrungen sind da sehr negativ. Da hat das Fundamt alles unternommen damit Finder und Verliehrer nicht zusammen finden.
Beispiel: Schlüssel
Ich habe einen Bund gefunden an dem sich ca. 10 Schließanlagenschlüssel befunden haben. Da hatte ich mir schon gedacht, das der Verliehrer etwas in Panik ist.
Ich hatte beim Fundamt den Fund gleich gemeldet. Die wollten davon aber gar nichts wissen. Die Antwort war: Geben Sie es bei der Polizei ab. Die senden es dann nach so einer Woche zu uns.
Nun kam für mcih die nächste Frage: Welches Revier ist zuständig?
Ich konnte den Verlierer ermitteln und den Schlüssel zurückgeben. Von dem Verliehrer habe ich erfahren, das auch er beim Fundamt angerufen hat. Dort aber die Auskunft erhalten hat, das er in ein bis zwei Wochen nachfragen soll. Der Schlüssel wäre einfach verschollen wenn ich deren Rat befolgt hätte. Dabei hatten das Fundamt alle Informationen. Nur... sie wollten sie nicht.
Bei Prothesen ist das so, dass das ja Unikate sind (sie müssen ja zum Träger passen). Also würde es vielleicht helfen, wenn man einfach mal bei den möglichen Herstellern nachforscht. Wenn der Inhaber der Prothese von auswärts kam, ist das sicher nicht zielführend, aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass genau das der Fall ist?
"Dabei ist das Abgeben gefundener Gegenstände eine gesetzliche Bürgerpflicht."
Es reicht zunächst aus, den Fund bei der Behörde zu melden.